2Naturkinder 2014 Heimat Silvaner

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Was gab’s ins Glas?
2Naturkinder 2014 Heimat Silvaner, Landwein Main, 10,5 % vol.

Welche Ausstattung hat die Flasche?
Schlegelflasche, Wachskapsel, Korken.

Wer steckt dahinter?
Weingut B. Völker, Güterhallstraße 10, 97318 Kitzingen, Franken, Deutschland, www.2naturkinder.de

Wo kommt die Buddel her?
Vom Münchener Online-Handelshaus „225 Liter – Handverlesene Weine“.

Was kostet der Spaß?
Circa 25 Euro.

Was ist interessant zu wissen?
Das Thema „Landwein“ hatten wir neulich schon mal hier im wineroom. Und auch da war es so, dass man 25 Euro pro Flasche in die Hand nehmen musste, obwohl sich der Wein laut offiziellem, weingesetzlichem Klassement doch auf der zweitniedrigsten Qualitätsstufe bewegte. Damals war es Weißburgunder aus dem Rheingau – diesmal also Silvaner aus Franken. Und was die zwei Weine neben Preis und Qualitätsstufe auf jeden Fall auch noch verbindet: Beide polarisieren extrem.

Was die zwei Naturkinder Michael Völker und Melanie Drese da ins Glas bringen, ist nicht jedermanns Sache. Und mancher würde es vielleicht nicht mal als „Wein“ bezeichnen. Denn mit dem, was der handelsübliche Konsument unter diesem Begriff versteht, hat es eigentlich nur insofern zu tun, als es ebenfalls aus Trauben hergestellt und in 0,75-Flaschen verkauft wird.

Oder, Moment mal: Ist es vielleicht genau andersrum …? Und am Ende hat das, was heute allgemein unter Wein verstanden wird, im eigentlichen Sinne nichts mit Wein zu tun? Sondern erst das, was die 2Naturkinder ins Glas bringen, ist tatsächlich wieder Wein?

Das sind so Fragen, die die Arbeit des jungen Paares aufwirft. Dabei klingt ihre Philosophie doch ganz simpel: nichts hinzufügen – nichts wegnehmen. „Nothing added, nothing taken away“, wie es die vollständig englischsprachige und damit auf den internationalen Markt zielende Website formuliert.

Nix weg, nix dazu – das entspricht im Grunde der romantischen Illusion, die der handelsüblicher Konsument hat vom Wein: reinstes Naturpodukt. Doch in Zeiten aufgemotzter Reinzuchthefen, technischer Kellerprozeduren und gesetzlich erlaubter E-Nümmerchen-Stoffe, die nicht deklariert werden müssen, ist der Ansatz der 2Naturkinder regelrecht revolutionär.

Aufgemotzte Reinzuchthefen und E-Nümmerchen-Stoffe: Da klingt ‚Nichts hinzufügen‘ geradezu revolutionär.

Extrem geringer Ertrag von gerade mal 20 Hektoliter je Hektar. Zehn Tage Maischestandzeit. Zehn Monate im gebrauchten Barrique. Ungeschwefelt – das heißt nur durch den natürlichen Schwefeldioxid-Gehalt von circa elf Milligramm je Liter geschützt. Schlanke zehneinhalb Prozent Alkohol. Spannende Eckdaten. Also fix runter mit der Wachskapsel.

Wie ist er denn nun?
Es wäre ein Leichtes, den Silvaner der 2Naturkinder von oben herab abzukanzeln. Indem man ihm fehlende Sortentypizität vorwirft. Oder untypische Aromen. Oder Essignoten in der Nase. Oder, oder, oder. Aber damit würde man weder dem Wein gerecht werden noch der Arbeit der Weinmacher, deren pfleglicher Umgang mit Boden und Natur jeden Respekt verdient.

Im Grunde entzieht sich der Wein einfach jeder konventionellen Einordnung. Helltrübes Gelb fließt ins Glas. In der Nase deutliche Apfeltöne, einladend nach Cidre, dazu balsamische Töne. Anklänge weihnachtlicher Gewürze, je länger er Luft bekommt.

Im Mund setzt sich die Cidre-Aromatik fort, apfelig, spritzig, frisch. Hätten wir ihn blind im Glas gehabt, mancher hätte wohl gesagt: „Toll, was man aus Äpfeln machen kann. Und jetzt einen richtigen Wein auf den Tisch.“

Silvaner? Franken? Hätte hier im Blindtest niemand getippt. Okay, da ist die zurückhaltende Säure. Aber die Meinungen wären blind wohl eher Richtung Chardonnay natural ausgebaut gelaufen, so prägend ist die Apfelaromatik. Und die macht richtig Spaß, wenn man sich drauf einlässt. Animierend, frisch, mit herrlichem Trinkfluss. Bei aller Diskussion über den Silvaner: Am Verkostungstisch wird jedenfalls regelmäßig nachgeschenkt.

Auf ihrer Webseite haben die Macher ein spannendes Experiment veröffentlicht. Sie haben ihrem Silvaner beim Luftkontakt zugeschaut und die einzelnen Phasen stundenweise dokumentiert: hier zu sehen. Am Verkostungstisch wären wir nicht mal bis zum zweiten Foto gekommen, so schnell war die Buddel ausgeschenkt. Bei aller Diskussion um den Wein der 2Naturkinder: definitiv auf der Liste der schnellsten geleerten Flaschen im wineroom. Und das gehört doch wohl zum Schönsten, was man einem Winzer ins Familienalbum schreiben kann.

Aus welchen Gläsern wurde probiert?
Zalto Denk’Art Universalglas.

Ist dieser Beitrag gewerblich gesponsort?
Nein.

Sind noch offene Fragen?
Wenn der Silvaner zehn Monate im Barrique verbracht und dabei eine Mikrooxidation durchgemacht hat, warum zeigt er sich dann so instabil bei Luftkontakt und reagiert so heftig auf Sauerstoff, wie es im Oxidations-Experiment der 2Naturkinder zu sehen ist? Ist das dem nicht vorhandenen Schwefel geschuldet? Oder haben die zehn Monate Mikrooxidation keine Stabilisierung bewirkt?

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Edgar Wilkening
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