Mullineux 2012

by | 22. Nov 2015

Was ist die Vorgeschichte?
Manchmal platzen spätabends noch Gäste rein im wineroom und knallen eine Buddel auf den Tisch. Marschbefehl: probieren! An diesem Abend war es ein geschätzter Sommelier, der die Runde am Verkostungstisch fröhlich grüßte und eine Flasche aus dem südafrikanischen Swartland unterm Arm hervorzog. Alles klar, Marschbefehl verstanden – her mit dem Korkenzieher.

Was gab’s ins Glas?
Mullineux 2012 Swartland Wine of Origin, 13,5 % vol.

Welche Ausstattung hat die Flasche?
Burgunderflasche, Korken.

Wer steckt dahinter?
Mullineux & Leeu Family Wines Proprietary Limited, Kloof Street, Riebeek Kasteel, 7307, Swartland, Südafrika, www.mullineuxwines.com

Was kostet der Spaß?
Circa 25 Euro.

Was könnte interessant sein?
Cuvée aus 76 % Chenin Blanc, 16 % Clairette Blanche und 8 % Viognier.

Pocht da der Viognier, trotz Minderheitenmandat von nur 8 %, auf seinen Einfluß in der großen Koalition?

Wie ist er denn nun?
Alle haben das Etikett gesehen, jeder weiß, was im Glas ist. Deshalb werden die ersten Wortmeldungen von einem schelmischen Augenzwinkern begleitet: „Fetter Chardonnay? Warmes Anbaugebiet? Warmes Jahr?“ Grinsen am Tisch. Hat einen wahren Kern, der Scherz. Da ist eine tiefgelbe Öligkeit im Glas, eine Breite und Üppigkeit in der Nase, die sich allesamt fortsetzen im Mund. Ja, das ist reifes Lesegut, das ist hoher Extrakt. Aber Säure? Frische? Eleganz? Höchstens irgendwo im Kleingedruckten.

„Immerhin kann man ihm nicht vorwerfen, dass er nachträglich aufgesäuert wurde.“ Noch so ein Scherz. Aber Aufsäuern würde wirklich nicht zum Stil der Macher passen. Da wird streng handwerklich gearbeitet. Die Mullineux-Familie gehört zur Elite der Weinmacher in Südafrika. Und zum Kern der selbst ausgerufenen „Swartland Revolution“.

Trotzdem: Mit steigender Temperatur macht sich der Wein immer breiter im Glas. Ist das der Viognier, der da seine ölige Konsistenz verbreitet und, trotz Minderheitenmandat von gerade mal acht Prozent, auf seinen Einfluß in der großen Koalition pocht? Eine behäbige Cuvee, die bequem rumfläzt und wenig zu erzählen hat.

Auch beim Nachverkosten am Folgetag will die Flasche nicht recht begeistern. Zu breit, zu bräsig und behäbig wirkt das Ganze. Ein Couch-Potatoe von Wein: keinen Bock, den Arsch hochzukriegen. Lieber mit der Chipstüte aufm Sofa rumfläzen. Lust auf ein zweites Glas davon? Nö. Hat hier niemand. „Mullinöööö…“, sagt wer. Noch’n Scherz.

Bei allem Respekt für die ambitionierte Arbeit der Macher: Es ist wie bei einem Möbelschreiner, der einen opulenten Wohnzimmerschrank von Hand zusammengedrechselt hat in schönstem Gelsenkirchener Barock. Ja, alles vorbildliche Handwerkskunst. Ja, viel Mühe drin, viel Leidenschaft, viel Zeit. Hier noch ’ne Kante, da noch ’ne Zieselierung, dort noch ein Ornament. Aber am Ende, wenn der ganze Trumm im Raum steht – dann bleibt es eben immer noch ein Trumm und Gelsenkirchener Barock. Geschmacksache. Wem’s gefällt: bitte schön.

Ein Couch-Potatoe von Wein: null Bock, den Arsch hochzukriegen im Glas.

Was macht man damit?
Der geschätzte Herr, der die Flasche in den wineroom mitbrachte, kam an diesem Abend von der Vorbesprechung für ein privates Promi-Dinner. Dort ist der Wein eingeplant als Begleiter zum „Fettfisch-Gang“. Oha, das klingt passend. Und so lecker, dass wir uns keine Sekunde grämen, keine Promis und deshalb auch nicht eingeladen zu sein. Guten Appetit.

Aus welchen Gläsern wurde probiert?
Zalto Denk’Art Universal und Zwiesel Viña.

Ist dieser Beitrag gewerblich gesponsort?
Nein.

Wer hat’s probiert?
Eine gutgelaunte Runde erfahrener Verkoster.

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Edgar Wilkening
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