Die schönste Weinstraße führt nach Margreid zur „Summa“

by | 8. Mai 2024

Sommelier Ed Richter in "Weinteachers Paradise"

Der Name des Weinhofs Löwengang bezieht sich auf den in Margreid gelegenen Ansitz. Ob hier tatsächlich mal Löwen gingen? Sicher ist jedenfalls: Im Jahr 1934 erwarb die Familie Lageder den Hof und verlegte den Sitz ihres Weinguts hierher.

So viel traditionelle Südtiroler Schönheit inspiriert den Münchener Sommelier und Weinteacher Ed Richter. Er nimmt uns mit bei einem Besuch im Löwengang – mit gleichnamigen Weinen. Also nur keine Angst vor großen Tieren, bitte!

Hier steht die älteste Weinrebe Europas, wahrscheinlich sogar der ganzen Welt. Sie ist über 400 Jahre alt und trägt immer noch ca. 80 Kilogramm Trauben jährlich!

Im malerisch gelegenen Margreid scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Pittoresk und romantisch die Atmosphäre.

Beschaulich ruhig geht es hier zu. Es sei denn die Familie Lageder ruft zur kleinen, exklusiven Summa an den südlichen Zipfel Südtirols.

Hier findet einmal im Jahr, im April ein wirklich einzigartiges „Come-Together“ ausgesuchter Bio Weingüter hauptsächlich aus Italien, Österreich, Frankreich und Deutschland statt. 

Das international bekannte und ganzheitlich, ökologisch bewirtschaftete Weingut Alois Lageder veranstaltet ein ganzes Wochenende eine einzigartige Wein Messe.

Die Summa ist seit nunmehr 25 Jahren eine feste Institution und ein alljährliches Stelldichein von Top Bio-Produzenten von Weinen, Ölen und Food Produkten.Was in den historischen Mauern von Casòn Hirschprunn und Tòr Löwengang zur Verkostung angeboten wird sucht seinesgleichen.

Außergewöhnlich ist auch der Gedanke der Familie Lageder, die seit 2004 Mitglied im Demeter Verband sind, dass alle Aussteller am gleichen Strang, sprich: im Einklang mit der Natur wirtschaften und produzieren müssen.

Als ob sie Rudolf Steiner persönlich gekannt hätten, implizieren die Lageders seine Ideen in alle Teile ihres landwirtschaftlichen Betriebes. (Südtiroler Ochsen, die das ganze Jahr im Freien sein dürfen und ein großer Gemüsegarten mit Obst, Kräutern und Getreide, die zwischen den Weinreben wachsen dürfen)Ein ausgeklügeltes, ganzheitliches System aus Tradition, Handwerk, Kunst, Musik und viel Passion greifen hier im romantischen Margreid nahtlos ineinander.

Erstaunlich, was alles so in das kompakte Wochenende hinein organisiert wird. Allein 21 Seminare und Führungen am Samstag und 20 am Sonntag! Sinnigerweise dem internationalen Publikum geschuldet, aufgeteilt in Italienisch, Deutsch und Englisch. Da bleibt kein Wunsch offen. Nur vorher reservieren sollte man tunlichst, denn alle Veranstaltungen waren restlos ausgebucht!

Dieses Mal durfte ich einer Vertikalverkostung des berühmten „Löwengang Chardonnays“ beiwohnen. Ohne zu wissen, wie weit die Jahrgänge zurückreichen, war ich doch sehr überrascht, als der älteste von 1990 auf der Verkostungsliste aufgeführt und somit über 30 Jahre alt war. Getoppt wurde es dann am Schluss noch mit dem aktuell kostbarsten Löwengang, dem Inedito II.

Ein sehr rarer Selektionswein, der übersetzt „Einzigartig“ bedeutet und eine Cuvée aus den Jahren 2013 – 2021 ist. Geleitet wurde diese legendäre Vertikale von Alois Lageder Sen. persönlich und dem jungen Kellermeister Jo Pfisterer (Önologe aus Stuttgart). Beide sind besondere Persönlichkeiten mit viel Charisma und wahnsinnig positiver Energie.

Der eine mit mega Erfahrung und einer langer Historie in Südtirol – der andere mit bodenständigen Visionen und praktischen Innovationen ausgestattet. Eine helle Freude beiden zuzuhören.

Es macht hier wenig Sinn Verkostungsnotizen zu dokumentieren oder gar Punkte zu vergeben, da die meisten dieser Weine nicht mehr zu erwerben sind.

Festzustellen ist, dass alle von außerordentlicher Qualität sind und gut für mindestens 20-30 Jahre. Mein persönlicher Favorit war eindeutig der kühle, aromatisch sanfte 2006er und auch zu erwähnen, der vielleicht schwierigste war – wie so oft – der relativ feuchte Jahrgang 2014. Der vermeintlich beste, ist wohl der letzte Löwengang bei dieser legendären Vertikale.

Der Jahrgangslose Inedito II ist tatsächlich eine Klasse für sich. Dieses Elixier ist so vielschichtig, so dynamisch, so innig intensiv. Überraschend weich, harmonisch in der Textur, unterstützt mit feiner Mineralik, salzig und unglaublich komplex im Nachhall. Wenn er sprechen könnte, würde er bestimmt einige Geschichten von den beinhaltenden, doch so verschiedenen 9 Jahrgängen erzählen.

Ein Stoff zum Meditieren und Träumen. Der Preis dieser Einzigartigkeit ist dementsprechend auf über 300 Euro zu taxieren, da insgesamt nur 2500 Flaschen existieren und diese auch noch zugeteilt werden. Aber, wer keinen mehr bekommt und plant diese Rarität zu erwerben, kann sich auf die nächste Edition – dem Inedito III – freuen. Der kommt bestimmt!

Ed Richter
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