Schraube versus Naturkork – Selbstversuch mit einem normalen Rotwein
Immerhin liegen sieben Jahre zwischen den Jahrgängen des Pinotage von Beyerskloof aus Stellenbosch, die ich jetzt verkoste und miteinander vergleichen möchte.
Ja, es ist ein leidiges Thema. Was ist besser für den Wein? Alu oder Baum? Eindeutige Antwort: beide Verschlussarten sind toll, wenn sie perfekt funktionieren. Aber was ist schon perfekt…!? Beide haben eindeutig und ohne Wenn und Aber Vorteile und auch Nachteile. Nein, bitte, ich zähle diese hier nicht erneut auf! Dazu gibt es genug Literatur im Netz!
Oft wird von Fachleuten und Winzern gesagt, dass für Weine, die zeitnah getrunken werden, der Korken nicht so wichtig ist; denn dann ist der Schraubverschluss sinnvoller und günstiger. Meist gilt das für Weißweine. Dem durchschnittlichen Weinkonsumenten ist das kontrovers diskutierte Thema relativ wumpe. Er kauft eh nach Etikett und Preis. Welcher normale Weintrinker lässt seine Weine sieben Jahre im Keller reifen, bevor er sie trinkt? Stimmt, die absolut allerwenigsten!
Oft wird gesagt, dass für Weine, die zeitnah getrunken werden, der Korken nicht so wichtig ist.
Nach ein paar Jährchen präsentierten sie sich komplett unterschiedlich. Wirklich krass!
Seit knapp zwanzig Jahren verfolge ich jetzt das Thema mit dem Weinverschluss und muss sagen, dass ich im Gegensatz zum Naturkorken von der profanen Schraube noch nie enttäuscht wurde. Oft habe ich mit anderen Weinliebhabern Rieslinge und Grüner Veltliner Weine aus Deutschland und Österreich im Alter von deutlich über zehn Jahren aufgedreht. Es war immer der gleiche erstaunte und verwunderte Gesichtsausdruck in unseren Gesichtern zu beobachten, als wir das reife Alter der Weine aufdeckten: Mann, der hat sich ja super gehalten, toll diese Saftigkeit, und erst der Trinkfluss. Mega!
Manchmal hatte ich sogar die Möglichkeit und das Glück, ein und denselben Weisswein vom Winzer einmal mit Drehdeckel und einmal mit Baumrinde verschlossen zu bekommen. Und?! Nach ein paar Jährchen der Reife im Keller präsentierten sich die Weißweine als komplett unterschiedlich. Weder von der Farbe noch vom Geschmack miteinander verwandt. Wirklich krass! Der eine gut gereift, cremig sanft mit stattlichem Körper. Der andere frisch und jugendlich und noch immer grün hinter den Ohren.
Das waren für mich lehrreiche Erfahrungen.
Aber für Rotweine? Gilt das auch für den roten Brudersaft?
Die Australier, Neuseeländer, Österreicher und die Schweizer haben null Probleme auch hochwertigste Rotweine mit dem Drehverschluss zu versiegeln. Wie oft habe ich schon teuerste, gut gelagerte, verkorkte Rotweine aus allen Jahrzehnten und Lagern probieren dürfen, die fehlerhaft – ja, sogar schon längst in die ewigen Jagdgründe entfleucht waren. Das ist dann jedes Mal unendlich schade und tut besonders weh, wenn es unwiederbringliche oder sogar persönliche Schätze sind.
Hier ist ein Beweis, wie genial und lebendig ein normaler – „unter 10 Euro Rotwein“ – nach guten acht Jahren aus der Drehbuddel hüpft.
Erwartet habe ich wenig, erstaunt bin ich um so mehr. Natürlich in den gleichen Gläsern und auch direkt aus der Flasche gegossen.
Sehr überraschend dabei: die nahezu gleiche Nase und Geschmack der zwei Pinotage vom südafrikanischen Winzer Beyers Truter. Beide sind kräuterig, balsamisch würzig und verhältnismäßig dicht. Guter Trinkfluss und entsprechende Länge im Nachhall. Ähnlicher können Weine nicht sein!
Erwartet habe ich wenig, erstaunt bin ich um so mehr.
Na gut, dann muss man die modernen Weine nicht mehr ewige Jahre liegen lassen.
Ok, die Witterungsbedingungen der Jahrgänge 2010 und 2017 waren dort sehr ähnlich. Aber dennoch ist der eine sieben Jahre älter! Unglaublich, dass man nur Anhand der Farbe die beiden gerade so auseinander halten kann. Die Vinifikation hat sich mit Sicherheit in der Zwischenzeit geändert, da der aktuelle Jahrgang die typischen animalischen Noten vermissen lässt und deutlich weicher daherkommt. Böse Weinmenschen würden sagen, dass der kantige Pinotage modern interpretiert und kreiert – oder einfach nur glatter gebügelt wurde.
Na gut, denke ich: dann muss man eben die modernen Weine nicht mehr ewige Jahre liegen lassen, bevor man sie entspannt trinken kann. Ist ja auch mal eine gute Entwicklung! Siehe auch zum besten Beispiel das Thema Barolo oder Brunello. Früher erst nach guten zehn Jahren überhaupt trinkbar – jetzt in den allermeisten Fällen schon als Jungspunde voll saftig und schlotzig lecker zum Schlucken verdammt.
Fazit des Berichtes: Schraube ist toll – Korken aber auch! Solange der Wein in der Flasche gut ist!
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