Tschida 2012 Non-Tradition
Was gab’s ins Glas?
Tschida Grüner Veltliner 2012 Non-Tradition Ungefiltert, Österreichischer Landwein trocken, 12,5 %
Wer steckt dahinter?
Tschida Illmitz, Christian Tschida, A-7142 Illmitz, Seegasse 36, Burgenland, Neusiedler See, Österreich, www.tschidaillmitz.at
Wo hat er abgeräumt?
Gault Millau Österreich: 18/20 Punkte. Wein am Limit / Hendrik Thoma: Soul-Faktor 6/6 im WaL-Livestream 15 „Anderes Austria“.
Was könnte interessant sein?
Christian Tschida zählt zu den Puristen unter den Weinmachern. Motto: „Einfach nur laufen lassen.“ Möglichst wenig eingreifen. Im Wingert genauso wie im Keller.
Alte Rebanlagen. Bewirtschaftung von Hand. Ernte in kleine Lesekisten. Alle Weine von Christian Tschida bei aller Kraft mit schlanken 12,5 Alkohol.
Was kostet der Spaß?
Aktuelle Preisangaben schwanken zwischen 30 und 50 Euro. Ist aber eh ein theoretischer Wert, da der Wein meines Wissens praktisch nicht mehr zu bekommen ist.
Wie ist er denn nun?
Ein Wort? Sen-sa-tio-nell! Hammer. Aber Obacht: nix für Frischfrucht-Fans. Das hier ist intellektuelles Trinken. Und mit Grüner Veltliner hat das nix mehr zu tun. Leg dich gehackt, kleines Pfefferl!
Sattes Strohgelb. Leichte Trübung. Ungefiltert hatte das Etikett ja schon verlautbart. Da zeichnet sich ab, was kommt. Nase klar in Richtung Orange Wine. Vermutlich lange Mazeration. Oxidater Ausbau. So was kann ziemlich anstrengend werden. Hier aber einladend, breitgefächert. Yeah!
Im Mund setzt sich das fort. Grüner Veltliner? Von wegen. Keinerlei Sortentypizität. Keine Primäraromen. Aber aufregend. Animierend. Fordernd. Fantastisch. Aber polarisierend: Du liebst ihn – oder spuckst ihn aus. Auch nach einigen Tagen offen nahezu unverändert. Klar: Sein oxidativer Ausbau hat ihn immun gemacht gegen Sauerstoffkontakt. Tolles Zeugs!
„Non-Tradition“ steht auf der Buddel. Das ist wahr und gelogen zugleich. Wahr, wenn man klare, frische Veltliner, wie sie heute allenthalben im Handel angeboten werden, als traditionelle Veltliner versteht. Mit dieser Tradition hat Tschidas Wein nix zu tun.
Gelogen, wenn man den Begriff Tradition nicht auf moderne Veltliner begrenzt, sondern weiter zurückgeht in der Zeit. Als noch kein Edelstahl erfunden war und Gärtanks noch nicht mit AKW-Strom runtergekühlt wurden.
Damals müssen Weißweine so ungefähr geschmeckt haben. Insofern ist der Non-Tradition so was von volle Kanne Tradition. Und die Etiketten-Bezeichnung der allerschönste Etiketten-Schwindel.
Was macht man damit?
Sie finden eine Flasche irgendwo im Handel? Glückspilz! Sofort einsacken. Sie haben eine Flasche im Keller, oder sogar mehrere? Doppelter Glückspilz! Aufmachen, wann immer der Sinn nach großem Kino steht: jetzt sofort – oder erst in zehn, fünfzehn Jahren. Schafft der locker.
Wer hat’s probiert?
Autor Edgar Wilkening und Gäste im wineroom an aufeinander folgenden Tagen.

- The Battle – Ten Years After:
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Hab ihn heute im Glas. Sozusagen als Coronatherapiewein zur „Lockerung“.
Unterschreibe alles schon Gesagte. Ein grandioser Wein von umwerfendem goldgelbem Farbspiel. Nase und Trinkfluss einfach gigantisch. Das macht wirklich Spaß. Lange nichts so großartiges mit langem Nachhall mehr genießen können. Chaoeau! So kann man selbst den Lockdown besser ertragen.
Moin moin, Rolf!
Vielen Dank fürs Feedback. Hast die tatsächlich den gleichen Jahrgang im Glas? Wow, gut aufbewahrt …!
Wenn ich mich richtig erinnere, war Tschidas GV der erste überhaupt publizierte Wein hier im wineroom. Und nach so vielen Jahren ein Kommentar? Klasse! Dann bin ich ab jetzt gespannt, ob es bei all den anderen seitdem erschienenen Beiträgen so weitergeht mit Feedback. 😉
Beste Grüße – und durchhalten im Lockdown!