Rotwein on the rocks!
Côtes du Rhône mit Sebastian Bordthäuser

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Red on the rocks! Rotwein auf Eis. Gibt’s nicht, meinen Sie? Von wegen. Kommt sogar in den besten Kreisen vor. Gerade Dienstag wieder …

Hamburg, Eppendorfer Weg. Chice Loft-Location im Hinterhof. Vierzig offene Côtes du Rhône warten darauf, vernascht zu werden. Draußen Sommer. Temperaturen um die 27° C. Drinnen gefühlt mehr.

Und was macht Sommelier Sebastian Bordthäuser? Knallt die Flaschen aufs Eis! Nicht nur die weißen. Auch die roten! Ist der Typ verrückt?

Nö. Einfach nur gut.

Und nutzt das Thema „Red on the rocks“ gleich zur Anmoderation seiner Masterclass. „Ehrlich gesagt, freue ich mich sogar, dass es heute so heiß ist bei unserer Rhône-Probe“, grinst Bordthäuser. „Denn das ist typisch deutsch: im Sommer leichte Terrassenweine – schwere Rote nur im Winter vorm Kamin. An der Rhône trinken sie ihre Roten auch im Sommer!“

Allerdings: Dicke Châteauneuf oder fette Gigondas gehen natürlich gar nicht bei dem, was Otto-Normaltrinker so unter „Zimmertemperatur“ versteht. Mit 25° C ins Glas? Da fliegen einem selbst die größten Weine um die Ohren, werden alkoholisch, träge, breit und wollen müde in den Ausguss.

Was ist die Lösung? Ab in den Kühlschrank! Die Roten? Na, logisch! Oder, wenn’s fix gehen muss, Kühlmanschette drum bzw. rauf aufs Eis – wo sich die Weißen hoffentlich auch schon tummeln. Das ist beileibe kein Frevel. Das ist einfach nur vernünftig.

Die kühlere Temperatur stützt beim Rotwein die Säure in punkto Frische, gibt den Weinen mehr Kontur, die Tannine bekommen zwar etwas mehr Grip, aber dafür wird der Alkohol zurückgehalten und fliegt nicht in die Nase.

Nachteil beim Schockfrosten auf Eis: schwer zu steuern. Und so kamen einige Rote deutlich unterkühlt ins Glas. Na und? Macht nix. Denn eine der goldenen Regeln bei uns im wineroom besagt: Warm werden sie von ganz alleine. Erst recht bei tropischer Hitze. Dann erreichen die Roten schnell ihr ideales Temperatur-Fenster. Also ran an die Eisbomben.


Rotwein bei Zimmertemperatur ist ein großes Thema

Hätte durchaus an der Tür der Côtes-du-Rhône-Masterclass hängen können: einer der zehn coolen Türhänger, die jeder Weinliebhaber braucht. Denn bei Außentemperaturen von 27° C kamen nicht nur die Weißen, sondern auch die Roten deutlich runtergekühlt ins Glas. Gut gemacht! (Die anderen neun Türhänger gibt’s übrigens hier.)


Domaine Guy Farge

Saint Joseph, Vania 2015
Weiß. 80 % Marsanne, 20 % Roussanne. 30 Jahre alte Reben. Granit in verschiedenen Verwitterungsstufen und Löss. Spontanvergoren. Würzig, in der Nase, kräutrig, helle Früchte. Super strukturiert im Mund, kraftvoll, frisch mit leichtem süßlichem Kern. Potenzial. Rating 7/12
Weiße Saint Joseph sind mega-angesagt in Frankreich – Vania zeigt, warum.


Domaine Saint Amant

Côtes du Rhône Villages, La Tabardonne 2013
Weiß. 90 % Viognier, 10 % Roussanne. Wächst auf 400 bis 600 m Höhenlage. 25 hl/ha Ertrag. 2 Jahre in französischer Eiche. 6.000 Flaschen. Nase: Wachs, Mandeln, helle Früchte. Mund: cremig, gut strukturiert, erstaunlich frische Säure für Viognier, überhaupt nicht breit. Rating 7/12
Gilt als einer der besten Viognier außerhalb von Condrieu.


Domaine Maby

Lirac, Casta Diva 2015
Weiß. 50 % Viognier, 50 % Grenache (vermutlich wohl Grenache blanc). Auf dem Plateau von Lirac gewachsen. 36 Jahre alter Bestand. Einzelstock-Erziehung. Ertrag 36 hl/ha. Drei Monate in neuem Holz. 3.600 Flaschen. Duftige Nase, exotisch, floral. Im Mund voll, opulent, konzentriert, frisch dabei. Schöne Länge. 5 bis 8 Jahre Reifepotenzial. Sehr gut. Rating 8/12
Diese Diva hat Wumms und nimmt’s mit allem auf: Lamm, Gewürze, Kräuter, Schärfe …


Domaine Saint Damien

Côtes du Rhône, La Bouveau 2014
Rot. Syrah (2003 gepflanzt), Cinsault (1954 gepflanzt), Grenache (1959 gepflanzt). Spontan vergoren. 5 Wochen in Beton vergoren, 8 Monate in Beton gereift. Philippe Cambie (der „Michel Rolland von der Rhône“) berät das Weingut. Nase leicht kompottig, rotbeerig. Saftig, gut strukturiert, Tannin noch etwas rau. Gut gemacht. Rating 6/12
Nur ein „kleiner“ Côtes du Rhône? Dafür richtig gut.


Laveau SAS

Gigondas, Lavau 2013
Rot. 50 % Grenache, 40 % Syrah, 10 % Mourvèdre. Wachsen auf 100 bis 600 m Höhe. 35 hl/ha Ertrag. Geile Nase: dunkle Früchte, Pfeffer, leichte Animalik. Im Mund Dichte, Struktur, Kraft, saubere, dunkle Früchte, feines Tannin. Konzentriert und doch frisch dabei, spritzig, elegant. Potenzial bis 2023. Sehr gut! Rating 8/12
Großes Kino, wie er sich im Temperatur-Fenster entwickelt.


Domaine Grand Nicolet

Côtes du Rhône, Vieilles Vignes 2014
Rot. 65 % Grenache, 25 % Syrah, 10 % Mourvèdre. Rebbestand im Schnitt 60 Jahre alt. Ertrag 30 hl/ha. Handernte. Spontan. Ganztraubengärung. Kein Entrappen. Drei Tage Maischestandzeit. Ausbau im Zementtank. Nase leicht dropsig, kandierte Früchte, Kandis, rote Beeren, Zimtnoten. Am Gaumen gut strukturiert, fleischig, Frucht, dicht, frische Säure, angenehme Herbe. Rating 6/12
Noch ein „kleiner“ Côtes du Rhone, der dafür aber ganz groß ist.


La Bastide Saint Dominique

Côtes du Rhône Villages Cairanne, Les 2 Arbres 2014
Rot. 25 % Grenache, 25 % Syrah, 25 % Carignan, 25 % Mourvèdre.Vom roten Sandstein, mergelige Terrassen. 18 Tag im Edelstahl vinifiziert. Ausbau 12 Monate im Stahl. Ungeschönt, leicht gefiltert. Nase beerig, etwas Likör, Kräuter, leicht laktisch. Im Mund straff, blättrige Noten, feinkörniges Tannin, Frische, mittlere Länge. Rating 5/12
Die „zwei Bäume“ aus dem Edelstahl machen frischen Spaß.


Château de Saint-Cosme

Côtes du Rhône, Saint-Cosme Sélection 2014
Rot. 100 % Syrah. Rebmaterial von der Nord-Rhône kombiniert mit Material aus dem Süden. Entrappt. 12 Monate in gebrauchten Barriques. Ungeschönt, ungefiltert. Früchte-Potpourri in der Nase: Johannisbeere, Kirsche, auch Kräuter. Saftig, zupackend, straff abgestimmt, dabei Eleganz und Frische. Gut gearbeitet. Rating 6/12
Populäres Weingut, populärer Wein: „Pleasing“, lacht der Kollege nebenan.


Domaines Paul Jaboulet Aîné

Crozes-Hermitage, Domaine de Thalabert 2012
Rot. 100 % Syrah. Reben 40 bis 60 Jahre alt. Verwitterte Granitböden auf Terrassen. Traditioneller Ausbau im Tonneau. Super feine Nase, Früchte zum Reinbeißen, elegant, frisch, leichte Animalik. Im Mund saftige Eleganz, vibrierend, frisch, mineralisch, animierend, komplex, tolle Länge. Potenzial. Rating 8/12
Jetzt schon klasse – in zehn Jahren noch besser.


 

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Edgar Wilkening
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