25 Jahre Lagrein-Vertikale – der Kernige aus Südtirol

von | 2. Feb. 2020

Wir schreiben den Monat „Null-Zwei“ im Jahre des Herrn „Zwei-Null“.

Die italienischen Herren Taschner Herbert, Werth Christian und der Filippi Stephan haben eine Idee; sie wollen zeigen, dass sich der ehemalige rustikale Bauernwein, den es in der Region schon seit 600 Jahren gibt, auch im gereiften Alter super präsentiert und ein echtes Gaumenerlebnis sein kann.

Somit laden sie ein zum Beweis-Tasting-Event in den Paulserhof. Thema: „Ein Vierteljahrhundert Lagrein, at its best.“

Der Münchener Sommelier und Weinjournalist Ed Richter. Schreibt auf wineroom.de regelmäßig über die große Welt der großen Weine.

Lagrein-Vertikale 1992 bis 2017

Jahrgang 1992 bis Jahrgang 2017

Ein Vierteljahrhundert auf Flaschen gezogen: 25 Jahre Lagrein

Önologe Christian Werth

Önologe Christian Werth

Klosterkellerei Muri Gries

Önologe Stephan Filippi

Önologe Stephan Filippi

Kellerei Bozen

Es gibt die absoluten Vorzeigeweine der Kellerei Bozen, den Taber und die Riserva des Nachbarn Klosterkellerei Muri Gries.

Beide kommen aus einer „Grand Cru“ Lage mit über 80jährigen Rebstöcken in Gries-Moritzing, direkt hinter den beiden Kellereien und nur 200 Meter voneinander entfernt. Mineralische Schwemmböden und geringe Erträge aus traditioneller Pergel-Erziehung sind hier Programm! Ergo perfekte Voraussetzungen für einen Selektionswein mit langem Leben.

Um es vorweg zu nehmen: Es sind super Flaschen dabei, die mit deutlich teureren und somit bekannteren Weinen locker mithalten könnten.

Das ist wohl auch die Absicht von Herbert Taschner, dem angesehenen Wein-Journalisten aus Südtirol und Jury-Mitglied des berühmten Gambero Rosso.

Die beiden Verantwortlichen Önologen der renommierten Kellereien brauchte er wohl auch kaum zu überzeugen – wissen sie das eh schon lange, wie gut ihr Premium-Lagrein reifen kann.

Am Start sind Jahrgänge von 1992 bis 2017!

Hier werde ich auf die typischen und langatmigen Weinbeschreibungen der einzelnen Jahrgänge verzichten. Ganz ehrlich, wen interessiert das, ob der 2005er oder 2007er mehr oder weniger Holz, Tannine, Kräuter und so weiter vorweisen kann!

Jede einzelne Flasche der älteren Jahrgänge würde sowieso beim Öffnen anders schmecken und performen. Der Korken prägt nach so langer Zeit zweifelsohne das geschmacklich, entscheidende Momentum! Mal ist er super – kaum eine Färbung der Stopfen durch die Anthocyane nach 15 Jahren. Mal leider fast durchnässt und deutlich oxidiert.

Zusätzlich werden die grazilen Stöffchen noch von der  Seuche TCA gebeutelt. Mal mehr und mal weniger präsent, aber immer killt es den Genuss und die Trinkbarkeit entscheidend.

Klar und von Wichtigkeit ist, dass die Stilistik der Paradeweine über die Jahrzehnte gleich geblieben ist. Der Muri ist eigentlich immer etwas kantiger, maskuliner und würziger als der Taber. Mit den normalen Jahrgangstypizitäten und Schwankungen, ist der Muri größtenteils mein Favorit. Vielleicht mit den Ausnahmen des 1999er und des 2005er.

Absolut erstaunt haben mich die beiden Supertiroler aus den Jahrgängen 1992 und 1997. Einfach gigantisch, was da für vitale Aromen aus dem Glas strömen. Man möchte einfach nur riechen, schmecken, nochmals einatmen und mehr davon trinken. Und ja, zu glauben ist es dennoch kaum! Emotional – auf einer 100er Skala eine glatte Hundert!

Erstaunlich ist auch die Erkenntnis, dass die gereiften Lagreins oft eine deutliche Ähnlichkeit zu Bordeauxs von der rechten Seite, also den Merlot-Lastigen haben. Oft sind sie ätherisch, leicht animalisch und doch immer komplex und eher auf der eleganten Seite.

Überhaupt sind sie nicht üppig oder gar marmeladig. Die Tannine der gereiften Jahrgänge sind immer samtig und gut strukturiert und passen absolut in das Gesamtgeschmackserlebnis.

Fazit: Wer sich einen dieser beiden Ausnahme-Lagreins in seinen gut temperierten Weinkeller legen möchte, macht so gar nichts falsch. Sie oder er trinkt dann in zwanzig Jahren ein wahres Stück feinste Südtiroler Geschichte.

Muri Lagrein 1992

Muri Lagrein 1992

Älteste Flasche auf dem Verkostungstisch: Das Etikett hat gelitten – der Wein nicht

Kleine Wein-Leseauswahl mit weiterem Weinlese-Stoff im wineroom

 

RAW Wine Fair Berlin 2015

"Sponti?" – "Bio oder konventionell?" – "Unfiltriert?" Fragen, die man immer...

Mittelrhein Weinmesse 2016 in Bacharach

Wenn man aus einer der großen Metropolen kommt, wirkt Bacharach...

Driving Home for Xmas: Alter Schwede! Wie kommt der Graved Lachs in mein Gepäck?

Zeit für einen großen Weihnachts-Klassiker. Nicht nur das Rezept – auch der...

Generation Riesling, Hamburg, August 2015

Generation Riesling "Live in Hamburg", Montag, 31. August 2015, Ehemaliges...

Tenuta Regaleali auf Sizilien: Ali sei Dank …

Im Herzen Siziliens, mitten im Nirgendwo liegt das kleine Paradies der Familie...

Fratelli Revello Barolo 2009 & 1993

Was ist die Vorgeschichte?Dies ist die Geschichte von Vater und Sohn. Vom...

Gutedel und die Marketing-Schnacker

Okay, zugegeben: Suggestiv-Frage, das da oben. Aber allen Ernstes: War der Ruf...

Kühn Hallgarten Hendelberg 2011

Was gab’s ins Glas?Peter Jakob Kühn Hallgarten Hendelberg 2011 Riesling...

Zimmertemperatur bei Rotwein und der Marsch zum Altglas-Container

Zwei der orginellsten Exemplare aus unserer schönen Serie "10 geniale...

Wein versus Bier, Gin, Limo
Runde Eins: Wie viel Wasser geben die Hersteller dazu?

Craft-Beer, Gin, Szene-Limos – alle drei mega-angesagt. In Hamburg zum...

Restetrinken wegen Ruhestand

Wer diese feingliedrigen Rieslinge noch kennenlernen möchte, muss schnell...

Le Moss Glera Frizzante Non Filtrato

Was gab’s ins Glas? Le Moss Ca' di Rajo Glera Frizzante Marca...

Sommelier Ed Richter im Video zum Jahrgang 2014 in Italien

Gerade mal zwanzig Sekunden, aber die haben es in sich. Rhythmus, Power,...

Nozzole La Forra 2011 Gran Selezione

Was war im Glas? La Forra Chianti Classico Gran Selezione 2011, 14,5 % vol....

Lorenz Tatort Johannisberg Riesling 2014

Was ist die Vorgeschichte?Im August 2015 gab's den Wein schon mal ins Glas:...

Die deutsche Ausgabe des früheren Benetton-Fotograf

Verblüffend, wie sehr sich Geschichten manchmal ähneln. Zum Beispiel die des...
Ed Richter
Follow me