Chan de Rosas Clásico Albariño 2015

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„Der teuerste Wein muss nicht immer der beste sein.“ Oft bemühter Allgemeinplatz. In seiner Absolutheit so vollkommen richtig, dass man ihn kaum widerlegen kann.

Macht nix. Wir haben trotzdem den teuersten bestellt. Den teuersten Weißwein, den wir auf der Karte des „La Trini“ fanden – mitten im angesagten Szene-Stadtteil Gràcia in Barcelona. Und für diese kecke Entscheidung waren vor allem drei Gründe maßgeblich:

  1. Wir kannten ihn beide nicht, den Chan de Rosas Clásico. Das ist immer schon mal ein Spitzen-Argument.
  2. Die Rebsorte Albariño steht im Ruf so etwas wie der iberische Riesling zu sein: säurebetont, charakterstark und in der Lage Terroir widerzuspiegeln.
  3. Mit 20 Euro die Buddel (wohlgemerkt: Gastronomie-Endverbraucherpreis) war er tatsächlich der teuerste Wein auf der Karte – aber gemessen an deutschen Verhältnissen in der Gastronomie …? Also her damit!

Der Service bringt eine hinreißend gestaltete Flasche und stellt sie ins Eis. Wow, was für eine einladende Nase: Frisch, gelbe Frucht. Und schon ein Hauch dessen, was sich gleich im Mund abspielen wird. Denn da sind fantastische Saftigkeit, Finesse, Struktur, aber vor allem: ein mineralischer, saliner Nachhall, der auch lange nach dem Trinken den Mund auskleidet und zu spüren bleibt. Hört gar nicht mehr auf. Was für ein Wonneproppen, dieser Albariño!

Chan de Rosas Albariño 2015 in der Bar La Trini Barcelona

Kein Wunder. Denn Winemaker Marcos Lojo gilt als einer der besten seiner Zunft. Von all dem ahnen wir zwar nichts zum Zeitpunkt des Probierens, erfahren erst bei der späteren Recherche davon, aber es ist vom ersten Schluck an spürbar.

Marcos Lojo studierte Lebensmitteltechnik an der Universität von Santiago de Compostela. Als er sein Studium beendet, wird gerade die Denominación de Origen Rias Baixas aus der Taufe gehoben. Das war 1988. 1995 beginnt Lojo seinen Weg als Winemaker, ist für einige der angesehensten Weingüter Galiziens und Portugals tätig. Und gilt heute wohl als erfahrenster Weinmacher in der Region.

Heißt so viel wie: Der Mann weiß, was er tun muss, um einen grandiosen Albariño in die Flasche zu bringen. Die Weinberge liegen in Nähe zum Atlantik. Erodiertes Granit. Das erklärt dann auch seine Salzigkeit, seine Mineralität: Albariño als Spiegel seines Terroirs.

Die Lese erfolgt von Hand, jeweils in 15-Kilo-Boxen. Nach dem Entrappen folgen 12 Stunden Mazeration bei 7 ° Celsius und weitere 24 Stunden Sedimentation des Safts. Nach der alkoholischen Gärung macht ein Teil des Weins noch die malolaktische Gärung durch, um mehr aromatische Komplexität zu erreichen.

Interessieren irgendwen die technischen Daten? Die Website von Chan de Rosas gibt sie an mit: 12,5 % vol. Alkohol – 6,5 gr./l Gesamtsäure – 0,4 gr./l flüchtige Säure – und 3 gr./l Restzucker. Technische Daten hin oder her: Der Wein fügt sich harmonisch mit den Tapas zusammen, die die Bar La Trini von Zeit zu Zeit auf den Tisch stellt.

Und ratzfatz ist sie leer, die Flasche Albariño. Da muss noch jeweils ein Glas der beiden zweitteuersten Weine der Karte her. Und siehe da: beides gute Weine, keine Frage. Aber keiner von der Klasse wie sie der Chan de Rosas hat. Da läuft der Allgemeinplatz von oben so gnadenlos ins bodenlos Leere. Quod erat demonstrandum. Was zu beweisen war: Diesmal ist der teuerste Wein tatsächlich der beste. Gracias, Marcos Lojo!

Tapas Bar La Trini in Gracia Barcelona

Was gab’s in die Gläser?

Chan de Rosas Clàsico Albariño 2015 D.O. Rías Baixas, 12,5 % vol.

Welche Ausstattung hat der Wein?

Burgunderflasche mit Korken

Wer hat’s in die Flasche gebracht?

Chan de Rosas, Marcos Lojo, Cambados, Pontevedra, Galicia, Spanien, www.chanderosas.com

Wo wurde die Flasche probiert?

Bar La Trini, Carrer de Verdi, 30, 08012 Barcelona, Spanien, www.latrini30.com

Was kostet der Spaß?

Vor Ort in der Bar „La Trini“ 20 Euro die Flasche. Ein deutscher Online-Händler hat den 16er-Jahrgang auf seiner Website für neun bis zehn Euro pro Flasche, zeigt ihn aber als aktuell nicht verfügbar an.

Wer hat’s probiert?

Autor Edgar Wilkening und Begleitung

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Nix da.


 

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Edgar Wilkening
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